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Rechtstipps

Zivilprozessordnung der Republik Kroatien

1. Allgemeines

Das Grundgesetz, durch das das zivilgerichtliche Verfahren reguliert ist, ist die Zivilprozessordnung (im weiteren Text „ZPO“). ZPO ist aber nicht das einzige Gesetz, das für das Zivilverfahren relevant ist, es gibt eine Reihe von Sonderregelungen, durch die das Zivilverfahren ergänzt wird. Durch die ZPO wird das allgemeine Zivilverfahren reguliert, aber sie beinhaltet auch Regelungen über besondere Verfahren, wie z. B. Streitigkeiten mit niedrigem Streitwert, Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis, handelsrechtliche Streitigkeiten, Besitzstörungsverfahren, Verfahren in Bezug auf den Schutz der Kollektivinteressen, Ausgabe der Zahlungsaufträge.

2. Klage, Zuständigkeit und Zusammensetzung des Gerichtes

Der Zivilprozess wird in der Republik Kroatien durch Einbringung der Klage eingeleitet. Der einmal eingeleitete Prozess wird nach dem Prinzip ex officio (von Amts wegen) geführt. Der Inhalt der Klage muss gesetzlich vorgeschrieben sein:

  • Ein Antrag hinsichtlich der Hauptsache und Nebenforderungen (das Klagebegehren);
  • Tatsachen, auf denen der Kläger seinen Antrag gründet;
  • Beweise, durch die diese Tatsachen festgestellt werden.

Die Klage muss bei dem sachlich und örtlich zuständigen Gericht erhoben werden. Welches Gericht in einem konkreten Fall für die Einleitung des Klageverfahrens zuständig ist, ist gesetzlich vorgeschrieben. Was die örtliche Zuständigkeit des Gerichts betrifft, richtet sie sich nach dem Kriterium des Ortes, an dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat. Es sind aber auch bestimmte Sonderfälle bekannt, bei denen die örtliche Zuständigkeit des Gerichts durch die politisch-wirtschaftlichen Gründen definiert wird. Gesetzlich ist aber vorgesehen, dass die Parteien die örtliche Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts vertraglich verabreden. Das Gericht funktioniert so, dass in einigen Fällen nur ein Richter allein über einen Fall entscheidet, oder trifft die Entscheidung die Dreierbesetzung (der aus drei Richtern bestehende Ausschuss).

3. Parteien und Vertretung

Die Verfahrenspartei kann jede natürliche oder juristische Person sein, sie kann ihren Bevollmächtigten einsetzen oder einen gesetzlichen Vertreter haben. Eine Handelsgesellschaft, z. B. GmbH, wird durch die Gesellschaftsverwaltung vertreten, aber die Gesellschaftsverwaltung kann auch einen Bevollmächtigten einsetzen. Es ist wichtig zu erwähnen, dass die Republik Kroatien in allen gegen sie geführten Gerichtsverfahren durch die Staatsanwaltschaft der Republik Kroatien vertreten wird. Im Fall, dass gegen die Republik Kroatien eine Klage erhoben wird, wird dann die örtliche Zuständigkeit des Gerichtes auf das Gericht in Zagreb übertragen, weil sich das Parlament der Republik Kroatien auf diesem Gebiet befindet.

4. Verfahrensablauf

4.1. Vorbereitung der Hauptverhandlung

Mit Eingang der Klageschrift beim Gericht beginnt im ordentlichen Verfahren die Phase der Vorbereitung der Hauptverhandlung. Das Gericht prüft die Prozessvoraussetzungen, stellt die Klageanschrift dem Beklagten zur Klageantwort zu, führt u. U. eine Vorbereitungsverhandlung durch, erlässt die Beweisverfügung und lädt zur Hauptverhandlung vor.

4.2. Klageprüfung

Im ordentlichen Verfahren ist eine schriftliche, begründete, ausführliche und mangelfreie Klage bezüglich der Verfahrensparteien dem Gericht einzureichen. Sollte ein Mangel vorhanden sein, ist das Gericht verpflichtet, alle mit dem Gesetz in Übereinstimmung stehenden erforderlichen Maβnahmen vorzunehmen, um diesen Mangel zu beseitigen. Unter Berücksichtigung des vorher Gesagten, kann das Gericht eine Klage zulassen, abweisen oder ablehnen.

4.3. Klageantwort

Das Gericht stellt dem Beklagten die Klageanschrift zu und setzt ihm die Frist zur Beantwortung der Klage an. Das Gericht ist verpflichtet, in der gerichtlichen Vorladung den Beklagten auf die rechtlichen Folgen einer versäumten Klageantwort aufmerksam zu machen. In Ausnamefällen kann das Gericht gleich zur Vorbereitungsverhandlung vorladen und anordnen, dass man dem Beklagten ein Exemplar der Klageschrift zustellt.

In der Vorladung wird das Gericht vom Beklagten fordern, in seiner Klageantwort alle wichtigen Tatsachen und Beweismittel vorzubringen, mit denen er die Behauptungen und Beweise seines Gegners bestreiten kann. Das Gericht ist auch verpflichtet, die Parteien darauf hinzuweisen, dass sie bis zum Abschluss des vorhergehenden Verfahrens keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorbringen können, auβer in gesetzlich vorgeschriebenen Ausnahmefällen. Die Klageantwort ist in einer vom Gericht gesetzten Frist einzureichen. Diese Frist kann nicht kürzer sein als 30 Tage und nicht länger als 45 Tage.

In der Vorladung legt das Gericht einen Termin für die Vorbereitungsverhandlung fest und weist die Parteien darauf hin, dass man in der Vorbereitungsverhandlung, wenn alle erforderlichen Bedingungen erfüllt sind, das Vorbereitungsverfahren abschlieβen und die Hauptverhandlung durchführen wird. Diese gerichtliche Vorladung stellt man auch dem Kläger zu, um ihn über den Termin der Vorbereitungsverhandlung zu informieren.

4.4. Vorbereitungsverhandlung

Das Gericht soll denTermin für die Vorbereitungsverhandlung so festlegen, dass die Parteien genug Zeit für die Vorbereitung haben, mindestens acht Tagen nach dem Empfang der Vorladung.

Im Laufe der Vorbereitungsverhandlung wird das Gericht den Parteien den Versuch einer Einigung vorschlagen, bzw. die Parteien auf die Möglichkeit eines gerichtlichen Einigungsversuch hinweisen.

Die Vorbereitungsverhandlung beginnt mit der Auslegung der Klage seitens des Gerichtes und danach antwortet der Beklagte auf die Klage.

In der Vorbereitungsverhandlung erörtert man die Vorschläge der Parteien und ihre Anführungen. Im Rahmen der Vorbereitungsverhandlung eröffnet das Gericht den Parteien die Möglichkeit ihre rechtlichen Standpunkte darzustellen und die Anträge und Beweise des Gegners zu bestreiten. Die Beweisausführung wird im gerichtlichen Beschluss, in dem die streitige Tatsache, die zu beweisen ist sowie das Beweismittel, festgelegt. Im weiteren Verlauf des Verfahrens ist das Gericht an seinen Beschluss über die Ausführung der Beweise in der Vorbereitungsverhandlung nicht gebunden.

Das vorhergehende Verfahren wird mit dem Beschluss abgeschlossen sein. Mit dem gleichen Beschluss legt das Gericht den Termin zur Hauptverhandlung.

4.5. Hauptverhandlung

Das Gericht legt einen Hauptverhandlungstermin zu Beweiszwecken fest. Die Hauptverhandlung ist grundsätzlich öffentlich zugänglich und der Richter kann alle erforderlichen Maβnahmen vornehmen, um die Ruhe und Ordnung in der Hauptverhandlung aufrecht zu erhalten.

Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf zur Sache, damit jedem im Raum klar ist, welche Angelegenheit verhandelt wird. Danach stellt der Richter fest, wer anwesend ist, ob alle vorzuladenden Personen auch vorgeladen sind und ob sie eventuell ihr Nichterscheinen gerechtfertigt haben. Das Gericht muss weiterhin die Parteien über den Ablauf und die Ergebnisse der Vorbereitungsverhandlung informieren und im weiteren Verhandlungsverlauf wird man die Beweise führen und die Ergebnisse der Beweisführung mit den Parteien erörtern.

Die Parteien sind verpflichtet, wie schon gesagt, in der Klage und Klageantwort, spätestens in der Vorbereitungsverhandlung, alle Tatsachen , auf denen ihre Anträge stützen, darzulegen, auf die für die Feststellung von vorgebrachten Tatsachen erforderlichen Beweise hinzuweisen und sich über die Tatsachenbehauptungen des Gegners zu äuβern. Nur ausnahmsweise und unter bestimmten Voraussetzungen ist den Parteien erlaubt, in der Hauptverhandlung neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen. In der Hauptverhandlung werden neue Tatsachen und Beweismittel nur noch berücksichtigt, wenn sie nicht vorher vorgebracht werden konnten (ohne das die Verfahrensparteien daran Schuld haben).

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung zieht sich das Gericht zur Beratung zurück. Hat das Gericht seine Beratung abgeschlossen, wird das Urteil verkündet.

4.6. Gerichtliche Entscheidungen

4.6.1. Urteil

Die wichtigste Entscheidungsart im Prozess ist das Urteil. Das Urteil entscheidet über den Rechtsstreit zwischen den Parteien ganz oder teilweise. Im Bezug auf das dem Urteil vorhergehende Verfahren, sind folgende Urteilsarten zu unterscheiden:

  • Widersprechendes Urteil – einem solchen Urteil geht mündliche Erörterung der Parteien über einen Sachverhalt vorher;
  • Anerkenntnisurteil – das Urteil wird aufgrund eines Anerkenntnisses und ohne sachliche Prüfung durch das Gericht erlassen;
  • Verzichtsurteil – ein auf Grund eines Verzichts des Klägers und eines Antrags des Beklagten ergehendes Urteil;
  • Versäumnisurteil – ein solches Urteil kann ergehen, wenn ein Kläger oder ein Beklagter nicht zu einem Gerichtstermin erscheint, oder erscheint aber nicht verhandelt.
  • Urteil ohne Hauptverhandlung – dieses Urteil erfolgt, wenn tatsächlicher Sachverhalt bezüglich die beiden Parteien unbestritten ist.
4.6.2. Beschluss

Mit einem Beschluss reguliert man in der Regel die Prozessfragen im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens, aber das Gericht fällt ausnahmsweise einen Beschluss, wenn es über den Klageantrag des Klägers entscheidet.

4.7. Kosten des zivilgerichtlichen Verfahrens

Die Kosten des zivilgerichtlichen Verfahrens sind alle im Laufe oder anlässlich des Gerichtsvefahrens entstandenen Kosten, sowie die Vergütung für die Rechtsanwälte und andere Personen, die einen Anspruch auf den Erhalt einer Vergütung haben.

Die Verfahrenskosten hängen vom Ausgang des Prozesses ab. In der Regel sind die Kosten des Prozesses von den unterlegenen Verfahrensbeteiligten zu tragen. Die Unterlegene Partei ist dann gesetzlich verpflichtet, der obsiegenden Partei die Gerichtskosten zu erstatten. Sollte eine Partei teilweise Erfolg im Verfahren haben, kann das Gericht eine Aufhebung der Kosten anordnen: jeder trägt selbst seine Anwaltskosten und sonstige Kosten und die Gerichtskosten werden hälftig geteilt, oder trägt laut gerichtlicher Anordnung jede Partei die Kosten mit demjenigen Prozentsatz, mit dem die Gegenpartei Erfolg hatte. Das Gericht kann weiterhin anordnen, dass eine Partei alle entstandenen Kosten der Gegenpartei erstattet, wenn die Gegenpartei in einem unerheblichen Antragsteil keinen Erfolg hatte, und dieser Teil ihres Antrags hat keine neue Kosten verursacht.

5. Instanzverfahren

Instanzverfahren ist Verfahren bei (einer) ersten Instanz und wird vom Bezirksgericht oder vom Obersten Herichtshof der Republik Kroatien durchgeführt. Im kroatischen Rechtssystem unterteilen sich die Rechtsmittel in zwei Arten:

ORDENTLICHE RECHTSMITTEL AUSSERORDENTLICHE RECHTSMITTEL
Beschwerde gegen ein Urteil Revision
Beschwerde gegen einen Beschluss Wiederaufnahmeverfahren

5.1. Ordentliche Rechtsmittel

Beschwerde gegen ein Urteil

Die Beschwerde wendet sich gegen ein Urteil erster Instanz. Sie muss binnen fünfzehn Tagen nach Zustellung eines schriftlichen Urteils erhoben werden. Eine rechtzeitig erhobene Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, d.h. das angefochtene Urteil wird nicht rechtskräftig und kann daher noch nicht vollstreckt werden.

Ein Urteil kann aus folgenden Gründen angefochten werden:

  • Aufgrund wesentlicher Verletzungen des Zivilprozesses - wenn das Gericht im Laufe des Prozesses eine der Verordnungen dieses Gesetzes falsch oder überhaupt nicht angewandt hat, was das Urteil im Wesentlichen beeinflusste.
  • Aufgrund eines falsch oder unvollständig festgestellten Sachverhalts - wenn das Gericht eine Tatsache falsch oder überhaupt nicht festgestellt hat.
  • Aufgrund einer falschen Anwendung des materiellen Rechts - wenn das Gericht eine Verordnung aus dem Bereich des materiellen Rechts, die anzuwenden war, falsch oder überhaupt nicht angewandt hat.

Das Gericht, das über eine Beschwerde entscheidet, kann:

  • Die Beschwerde als nicht fristgerecht, unvollständig oder unzulässig zurückweisen;
  • Die Beschwerde als unbegründet abweisen und das erstinstanzliche Urteil bestätigen;
  • Dieses Urteil aufheben und die Sache an das erstinstanzliche Gericht zur Neuverhandlung zurückverweisen;
  • Das erstinstanzliche Urteil aufheben und die Klage abweisen;
  • Das erstinstanzliche Urteil abändernp;
5.1.2. Beschwerde gegen Beschlüsse

Gegen den erstinstanzlichen Beschluss ist eine Beschwerde erlaubt, wenn gesetzlich nicht anders vorgeschrieben ist. In dem Fall kann man den Beschlus des erstinstanzliches Gerichtes nur in einer Beschwerde gegen das Endurteil anfechen.

5.1.3. Auβerordentliche Rechtsmittel

Auβerordentliche Rechtsmittel richten sich gegen rechtskräftige Bescheide. Sie können nur in bestimmten, gesetzlich vorgeschriebenen Fällen eingelegt werden, weil die Rechtssicherheit geschützt wird. Andererseits ermöglicht man, die in früheren Stadien des Verfahrens gemachten Versäumnisse zu korrigieren.

5.1.4. Revision

Das Rechtsmittel, das gegen ein Urteil zweiter Instanz eingelegt wird. Revisionen sind bei Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung in folgenden fällen zulässig:

  • Bei einem Streitwert über 200.00,00 HRK.
  • Wenn das Urteil in Arbeits-und Sozialrechtssachen gefällt ist.

Wenn man eine Revision aus oben genannten Gründen nicht einbringen kann, können die Parteien die Revision gegen ein zweiinstanzliches Urteil einlegen, falls die Entscheidung im Verfahren von einer materiell-und verfahrensrechtlichen Frage, die für die Sicherung der einheitlichen Anwendung der Rechte und Gleichberechtigung aller Beteiligten in seiner Anwendung verantwortlich ist, abhängt.

Die Revision muss binnen 30 Tagen von der Zustellung des zweiinstanzlichen Urteil eingebracht werden. Die Entscheidung, ob die Revision Erfolg hat oder nicht, trifft der Oberste Gerichtshof.

5.1.5. Wiederaufnahmeverfahren

Ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren kann in Ausnahmefällen auf Antrag der Partei aus den im Gesetz angeführten Gründen angefochten und wiederholt werden.

Ein Antrag auf die Wiederaufnahme des Verfahrens muss binnen 30 Tagen eingebracht werden und wird abhängig vom Grund, aus dem der Antrag auf die Wiederaufnahme des Verfahrens eingebracht ist, gerechnet.Der Antrag auf Wiedernahme muss bei der Behörde erster Instanz eingebracht werden. Wichtig ist folgendes anzuführen:

  • den gesetzlichen Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens;
  • Umstände, aus denen hervorgeht, dass der Antrag innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht wurde;
  • Beweismittel, durch die die Anführungen des Antragstellers zu beweisen sind.

6. Schluβ

Das zivilgerichtliche Verfahren in der Republik Kroatien ist streng formell. Die Prozessdauer gilt als einer der grundlegenden Nachteile des zivilgerichtlichen Verfahrens. Die Überlastung der Justiz ist ein Grund für überlange Verfahrensdauer und die Parteien nutzen oft alle möglichen Prozessmethoden, um das Verfahren zu verlangsamen, wenn sie eine minimale Chance für den Erfolg im Gerichtsverfahren sehen.

Viele Änderungen und Ergänzungen der Zivilprozessordnung haben das zivilgerichtliche Verfahren positiv beeinfluβt, besonders im Sinne ihrer Beschleunigung, aber die Prozessdauer bleibt auch weiter der wichtigste Nachteil des zivilgerichtlichen Verfahrens in der Republik Kroatien.